Morbus Sudeck

Sudeck´sche Dystrophie / Posttraumatische Dystrophie

Die Ursache für eine posttraumatische Dystrophie kann ein beliebiges Bagatelltrauma sein. Es kann nach einem einfachen Schnitt an der Hand oder einem Umknicken des Fußes entstehen. Meistens tritt es nach Operationen der oberen oder unteren Extremität auf. Obwohl es zunächst ein lokales Problem ist kann es sich über die gesamte Extremität ausbreiten. Es ist für den Verlauf der Krankheit entscheidend den Beginn nicht zu verpassen. Die Behandlungschancen in der Frühphase sind am besten.

Welches sind die Symptome:

  • Voran steht der Schmerz, der oft als brennend und unerträglich stark beschrieben wird. Oft gebraucht der Patient die Extremität deswegen nicht. Gleichzeitig sind kleinste Berührungen stark schmerzhaft (Hyperalgesie).
  • Dadurch entsteht ein Funktionsverlust mit Bewegungseinschränkung. Stress kann den Schmerz verstärken.
  • Durch Regulationsstörungen der Durchblutung kommt es zu einer violetten Verfärbung der Haut. Es kann auch zu bläulicher Verfärbung kommen.
  • Betroffene Extremität fühlt sich kälter/wärmer an.
  • Im erkrankten Gebiet tritt Schwellung auf.

Im Übergang von der Akutphase zur Endphase füllen Bindegewebszellen die Gewebsflüssigkeit mit Matrix und Kollagen auf. Die Kapillarwände verdicken sich und die Hautfarbe scheint sich zu normalisieren. Dem ist jedoch nicht so, da viele kapillare Schleifen verschwinden und die Blutversorgung im betroffenen Gebiet mühsamer verläuft. Die Haut ist kälter, sie wird dünner, da ihr die Nährstoffe fehlen, sie wird dünn und glänzend.

Kommt es nicht zur Heilung geht die Erkrankung in die chronische Phase über. Diese kann gekennzeichnet sein durch Schmerz und schwere Sensibilitätsstörungen. Bindegewebe, Muskeln und Haut zeigen eine starke Atrophie, röntgenologisch ist eine Osteoporose zu erkennen.

Was sind die Ursachen für diesen Verlauf?

In der Akutphase sind typische Entzündungszeichen zu erkennen. Das Gewebe wird zwar stärker durchblutet, die Sauerstoffaufnahme aus dem Blut durch die Gewebe ist aber erniedrigt. Durch die Entzündung werden viele freie Radikale freigesetzt. In gesunden Geweben werden die freien Radikale durch verschieden Enzyme aufgefangen. Dies scheint bei posttraumatischer Dystropie unzureichend zu funktionieren.

Der Entzündungsprozess ist jedoch nicht alleine verantwortlich für den dramatischen Verlauf einer posttraumatischen Dystrophie. Es ist die Beteiligung der sympathischen Innervation und der neuronalen Veränderung auf Rückenmarkniveau, weswegen die posttraumatische Dystrophie auch sympathische Reflexdystrophie genannt wird.

Vor allem die Nerven zu den Händen und den Füßen enthalten viele dünne sympathische Fasern. Bei Verletzungen oder Reizung der Fasern treten vegetative Störungen auf, die sich als Durchblutungsstörungen, Schwitzen oder Gänsehaut bemerkbar machen.

Entzündungsprozesse können durch Reizung dünner afferenter Fasern auf Rückenmarksniveau in umgebenden  Rückenmarksegmenten eine Excitaion (Erregung) sympathischer Fasern verursachen. Diese erhöhte efferente sympathische Aktivität reizt wieder dünne afferente Fasern, was den Schmerzkreislauf verstärkt.

Therapie:

Die Therapie ist multidisziplinär und facettenreich. Entscheidend für den Verlauf ist, dass sie früh begonnen wird.

  • Zunächst muss der Schmerz medikamentös gedämpft werden.
  • Entzündungsprozesse müssen gehemmt werden.
  • Bei einer “kalten“ posttraumatischen Dystrophie muss die Durchblutung gefördert werden.
  • Freie Radikale müssen gebunden werden um weitere Gewebeschäden zu vermeiden.
  • Der neuronale Teufelskreis muss durchbrochen werden.

Eine Immobilisation z.B. des Armes führt zu nicht funktionellen neuen, neuronalen Verbindungen, und auf Kortexniveau zum Verschwinden des betroffenen Bereichs aus dem Körperschema. Darum sind passive Mobilisationen von Gelenken und leichte Übungen unterhalb der Schmerzgrenze nicht allein zur Verhinderung von Kontrakturen wichtig. Die Extremität behält so auch eine gewisse Funktionalität.

Aktive Übungen zur Kräftigung sollen nicht erfolgen, da diese zu weiterem Sauerstoffmangel (Hypoxie) im erkrankten Gebiet führen würden. Dies würde wiederum zur erneuten Erhöhung der freien Radikalen im Gebiet führen, was die medikamentöse Behandlung beeinträchtigen würde.

Quelle: J.J. de Morree„Dynamik des menschlichen Bindegewebes“, Urban & Fischer Verlag

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